Was ist verfahrenstechnischer Anlagenbau?
Die Verfahrenstechnik befasst sich mit allen Abläufen, bei denen Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase in ihrer Zusammensetzung, Eigenschaft oder Art verändert werden. Dazu nutzt die Verfahrenstechnik chemische, biologische oder physikalische Verfahren. Der verfahrenstechnische Anlagenbau beschreibt somit die Realisierung einer verfahrenstechnisch geplanten Anlage.
Abläufe beim Anlagenbau mit Verfahrenstechnik
In verfahrenstechnischen Anlagen wird eine Vielzahl von Produkten und Materialien hergestellt, welche die Bereiche der Verfahrenstechnik kombinieren. Dazu gehören:
- Chemische Verfahrenstechnik
- Mechanische Verfahrenstechnik
- Thermische Verfahrenstechnik
- Elektrochemische Verfahrenstechnik
- Bioverfahrenstechnik
Um die Umsetzung der Prozesse im verfahrenstechnischen Anlagenbau zu ermöglichen, wird auf alle Ingenieurwissenschaften zugegriffen.
Um die vielen Abläufe im Anlagenbau zu beschreiben, teilt man sie in grundlegende Handlungen (Unit Operations) auf. Dabei handelt es sich um einzelne Schritte mit einem klaren physikalischen Vorgang, wie zum Beispiel Mischen oder Verdampfen. Wenn Prozessschritte eine räumlich nicht trennbare Kombination mehrerer dieser grundlegenden Handlungen darstellen, nennt man sie auch oft Grundoperationen.
Drei der bekanntesten Grundoperationen dabei sind:
- Änderung der Stoffeigenschaften
- Änderung der Stoffzusammensetzung
- Änderung der Stoffart
Anwendungen von verfahrenstechnischen Anlagenbau
Im Anlagenbau mit Verfahrenstechnik werden Anwendungen aus unterschiedlichen Bereichen der Industrie miteinander kombiniert. Die Aufgabe der Anlagen ist es, aus Rohstoffen Produkte herzustellen. Voraussetzung dafür ist, dass für jeden Arbeitsschritt eine Maschine existiert, die Fördertechnik vorhanden ist und Energiequellen, die den Betrieb der Anlage aufrechterhalten, verwendet werden können. Dadurch entstehen typische Hauptanwendungsbereiche:
- Chemische Industrie: Verfahrenstechnische Anlagen stellen Chemikalien, Farbstoffe und Kunststoffe her.
- Pharmazeutische Industrie: Im verfahrenstechnischen Anlagenbau für Pharmazeutik werden Impfstoffe, Arzneimittel und medizinische Geräte hergestellt.
- Lebensmittelindustrie: In der Lebensmittelindustrie werden aus Rohstoffen Getränke, Konserven, Öle und viele weitere Produkte hergestellt.
- Energieerzeugung: Bei der Energieerzeugung werden verfahrenstechnische Anlagen zur Herstellung von Elektrizität, Dampf und anderen Energieformen aus unterschiedlichen Quellen wie Kohle, Gas, Öl, erneuerbaren Energien, organischem Material und Kernkraft eingesetzt.
- Biotechnologie: Die Biotechnologie nutzt verfahrenstechnische Anlagen für die Herstellung von biotechnologischen Produkten wie Enzymen, Biopharmazeutika und fermentierten Produkten.
- u.v.m.
Aufgaben im verfahrenstechnischen Anlagenbau
Um die Aufgaben des verfahrenstechnischen Anlagenbaus verantwortungsbewusst zu erfüllen, müssen sowohl technische als auch wirtschaftliche, sicherheitsrelevante und umweltbezogene Aspekte berücksichtigt werden.
- Planung und Entwicklung: Im ersten Schritt müssen Verarbeitungsschritte und Prozesse geplant und entwickelt oder optimiert werden, um wirtschaftliche und effiziente Abläufe zu ermöglichen.
- Anlagendesign und Materialauswahl: Mit grundlegender Planung kann die verfahrenstechnische Anlage mit allen Bauteilen und Instrumenten nach Anforderungen des gewünschten Prozesses entworfen werden. Zusätzlich können die benötigten und passenden Materialien gewählt werden, die ebenso den Anforderungen und Bedingungen des Prozesses entsprechen sollten.
- Planung, R&I-Fließbilder und Systeme: Um eine verfahrenstechnische Anlage gemäß den Sicherheitsstandards zu gewährleisten, muss diese zugänglich für Wartungen sein. Ebenso sollten Rohrleitungs- und Instrumentfließbilder (Diagramme) hergestellt werden, um den Zusammenhang von Instrumenten in der Anlage darzustellen. Um alle Prozesse der Anlage regeln, steuern und überwachen zu können, werden elektrische und instrumentelle Systeme integriert.
- Bau: Die Montage der Anlage und die jeglicher Systeme müssen genau überwacht und koordiniert werden.
- Inbetriebnahme und Optimierung: Bei Inbetriebnahme der verfahrenstechnischen Anlage wird diese auf risikofreie und funktionierende Abläufe getestet.
- Wartung: Zusätzlich wird die Anlage kontinuierlich überwacht, um gegebenenfalls Verbesserungen vorzunehmen und Ausfälle zu verhindern. Damit werden Effizienzsteigerungen, Kosteneinsparungen, Sicherheitsstandards und ein umweltfreundlicher Betrieb gewährleistet.
- Dokumentation: Umfassende Dokumentationen zeichnen alle Aspekte der verfahrenstechnischen Anlage auf.
Beispiele für verfahrenstechnische Anlagen
Der verfahrenstechnische Anlagenbau umfasst viele und umfassende Produktionsstätten, zum Beispiel:
- Kohlevergasungsanlagen: Umwandlung von Kohle in ein Synthesegas.
- Trinkwasseraufbereitungsanlage: Aufbereitung von Wasser für den menschlichen Verzehr.
- Fermentationsanlagen: Umwandlung von biologischen Materialien in Biotreibstoffe.
- Pharmazeutische Granulieranlage: Herstellung von Granulaten für pharmazeutische Tabletten.
- Ethylen-Crackanlage: Herstellung des Ausgangsstoffes für Kunststoff.
Der verfahrenstechnische Anlagenbau beeinflusst die Umwelt durch die Entwicklung und Implementierung von umweltfreundlichen Technologien, Abfallreduzierung und Energieeffizienz positiv.
Eine genaue Vorhersage für zukünftige Trends ist selten möglich. Jedoch könnte ein verstärkter Fokus auf nachhaltigen Technologien, der Digitalisierung, Automatisierung und innovativen Produktionsprozesse liegen.
Eine Bachelorstudium und ein optionales Masterstudium im Bereich Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen oder einem verwandten Ingenieurfach ist typischerweise erforderlich. Praktische Erfahrungen und Spezialisierungen können ebenfalls von Vorteil sein.
Mögliche Karrieremöglichkeiten umfassen Positionen wie Prozessingenieur, Anlagenplaner, Projektmanager, Qualitätsingenieur und Spezialisten mit vertieftem Fach- und Praxiswissen für bestimmte Prozesstechnologien.